Grundsätzliches bei der Übersetzung Teil 1
Einzelne Wörter übersetzen kann eigentlich jeder. Aus mehreren Wörtern bestehende Sätze zu übersetzen schaffen auch noch einige. Einen ganzen Text in einem bestimmten Kontext zu übersetzen ist jedoch eine Knochenarbeit.
Nun, woher weiß ich das?
Nur soviel: Ich habe lange Zeit vom Übersetzen gelebt, es war also meine Profession.
Meine Arbeit war zwar mit vielen und voneinander verschiedenen Themen verbunden, aber nie mit der Übersetzung von Filmen. Bücher ja, aber keine Filme. So war ich einigermaßen überrascht, als ich meine erste Filmübersetzung machte, wie wenig Dialog in so einem Film ist. Jedenfalls bezogen auf die Filmlänge. Nun, kein Wunder auch, schließlich ist Film ein visuelles Medium und kein Buch.
Ich werde an dieser Stelle nicht explizit auf die Übersetzung von Filmen eingehen. Vielmehr werde ich einige grundsätzliche Dinge beim Übersetzen anreißen, die aber durchaus auch beim Übersetzen von Filmen von Belang sind.
Zunächst braucht man natürlich gute Sprachkenntnisse in mindestens zwei Sprachen. Nur theoretische Sprachkenntnisse werden einem nicht lange helfen. Erst mit dem Verständnis für die Kultur der jeweiligen Sprache kann man eine gute und authentische Übersetzung machen. Natürlich braucht man auch gute Wörterbücher, die weit verbreitet sind und als Referenzquellen dienen. Wer meint, er braucht kein Wörterbuch, ist ein miserabler Übersetzer.
Je nachdem, was man übersetzt, muss man sich mit der der Sache eigener Sprache auseinander setzen. Auch wenn dieselben Wörter benutzt werden, können sie im Zusammenhang mit Medizin, Wissenschaft, Umgangssprache oder einer Gebrauchsanweisung für ein elektrisches Gerät eine andere Bedeutung haben. Wer hat nicht schon mal über eine Gebrauchsanleitung „Made in China“ gelacht?
Genau dieses Gelächter kann eine schlechte Übersetzung bei einem Engländer oder Amerikaner auslösen, um mal das Thema auf Übersetzung von Filmen zu beziehen.
Da die meisten hier mit der Materie so ziemlich nur mit Filmen in Berührung kommen, will ich meine Beispiele auch aus Filmen bzw. Serien beziehen.
Nehmen wir zuerst die Comedys.
Eigentlich ist es unmöglich, eine Comedy als Untertitel zu übersetzen. Sicher, klar kann man übersetzen aber man wird niemals den gesamten Kontext erwischen, weil Comedy nur in der Sprache selbst komisch wird. Der Gag liegt meistens in der Aussprache und der Melodie der Sprache. Wir in Deutschland sind in der glücklichen Lage, dass hier eine regelrechte Synchroniser-Kunst entstanden ist und großartige deutsche Schauspieler den meist amerikanischen Comedys echtes Leben einhauchen. Wegen dieses Problems sind US-Comedys außerhalb des englischsprachigen Raums nicht so weit verbreitet wie beispielsweise Krimis. Außerdem haben Comedys enorm viel Dialog. Logisch, sie lebt ja davon und nicht von Action.
Jetzt nehmen wir als Beispiel die Serie 24 (Twentyfour) .
Erst beim Übersetzen der Dialoge merkt man, wie einfach die ganze Serie gestrickt ist. Wären da nicht die bombastischen Kulissen und Helikopter und computergenerierte Explosionen, rein vom Dialog her wäre die Serie sehr arm. Die Dialoge sind unkompliziert und leicht zu verstehen, weil sie aus lauter Klischees bestehen, die wir schon hunderte Male gehört haben. So ist das wohl auch beabsichtigt, schließlich ist es eine reine Action-Serie. Aber die Dialoge, die ein so guter Schauspieler wie Kiefer Sutherland da als Jack Bauer von sich gibt, sind nicht tiefgründiger als die eines Arnold Schwarzeneggers in seinen typischen Filmen. Es ist erst Sutherland, der den mäßigen Dialogen mit seinem Spiel eine gewisse Tiefe gibt.
Um 24 zu übersetzen muss man das wissen. Denn, wenn man die holprigen Dialoge, die manchmal zusammenhanglos zu springen scheinen, ins Deutsche authentisch übersetzen will, muss man sich zunächst einmal den Film anschauen. Dann muss man für die jeweiligen Szenen in der Übersetzung solche deutsche Begriffe finden, die dem Kontext im Original am nächsten kommen. Mit Kontext meine ich die jeweilige Situation in der Szene und in welchem Zusammenhang die Wörter gesprochen werden. Nur so kann man erkennen, ob der Dialog zynisch, romantisch oder sonstwie gemeint ist. Deshalb ist eine wörtliche Übersetzung nicht immer sinnvoll, weil bestimmte Begriffe in Englisch uns einfach nicht bekannt sind oder wir ihre umgangssprachliche Bedeutung nicht kennen. Wörtliche Übersetzung ist nicht wichtig. Wichtig ist, dass der Inhalt und die Message im Text möglichst unverfälscht und authentisch rüberkommen.
Beispiel: In 24 und anderen Krimiserien kommt häufig der englische Begriff „First Responder“ vor. Damit ist eine Person gemeint, die an einem Ereignisort zuerst da war und die erste Benachrichtigung gemacht hat.
Nun gibt es im deutschen so was gar nicht. So habe ich dafür schon mal „Unsere Kundschafter“, „Aufklärer“, „Der Wachmann, der das gemeldet hat“ gelesen und gehört. Bei solchen Sachen muss man als Übersetzer Fantasie haben und dem Kontext entsprechend ein deutsches Wort bzw. einen Begriff dafür finden.
Ein anderer Begriff wie „Copy that“ bedeutet nicht etwa fotokopieren. Es hat vielmehr was mit „kapieren“ zu tun. Es heißt schlichtweg „(Ich habe) Verstanden“
Noch etwas, was uns so fremd ist: „Can you read me?“ Meistens wird das in Szenen mit Funkgeräten verwendet und soll NICHT bedeuten, „Kannst du mich lesen?“
Wir würden sagen: „Kannst du mich hören?“ oder „Hörst du mich?“
Ende Teil 1