Die Kettleman's sind perfekte Karikaturen. Schade, dass es jetzt schon vorbei sein soll mit ihrer kriminellen Laufbahn. Betsy, die ihren Craig wie einen Stubenköter abgerichtet hat und sich hartnäckig weigert, der Realität ins Auge zu blicken - das ist Comedy pur, besonders wenn dann noch Jimmy mitmischt.
Obwohl klar gemacht wurde, dass Mike diese Sache mit dem Geld nur aus Gefälligkeit für Jimmy tut, war mir der Sprung ein bisschen zu krass. Hätte er nicht auch Nacho zu Hilfe rufen können? Wobei dieser ihm keinen Gefallen schuldet. Angenommen ich würde Breaking Bad nicht kennen: Woher will Jimmy wissen, dass Mike tatsächlich zwei Bullen umgenietet hat? Und wieso schließt er daraus automatisch, dass Mike der richtige Mann wäre, um Geld von den Kettleman's zu stehlen? Geht er als Anwalt automatisch von der Schuld seines Klienten aus? Mike ist doch nur ein harmloser Rentner, der in einem Parkhäuschen arbeitet und der zufällig von zwei Bullen verdächtigt wurde. Der Sprung war mir ein bisschen zu krass, der hätte in ein oder zwei Szenen näher erläutert werden müssen, um die Nicht-Breaking-Bad-Kenner nicht auf der Strecke zu lassen. Das war aber auch so ziemlich das einzige, was mich gestört hat. Vielleicht kann mir das aber jemand von euch so erklären, dass es sich anders darstellt.
Ich frage mich auch, wie die Szene zwischen Chuck und Jimmy zu verstehen ist, das mit den Akten. Freut sich Jimmy wirklich, dass es seinem Bruder besser geht? Schließlich hatte er geplant, ihn einweisen zu lassen, damit Hamlin diesen endlich auszahlt. Da macht ihm Chuck mit seiner beginnenden Genesung aber nun einen Strich durch die Rechnung. Als Bruder freut er sich, sicher, aber wegen Hamlin wird es ihn wohl ärgern. Und aus welchem Grund stellt er seine Akten bei Chuck ab, welche Absicht verfolgt er damit? Will er, dass Chuck tätig wird und somit schneller gesundet? Oder will er das genaue Gegenteil, dass Chuck vor Erschöpfung über selbstaufgehalste Arbeit und vor Sorge um Jimmy wieder schlappmacht? Oder will er sogar von der Expertise seines Bruders in seinen eigenen Fällen profitieren? Das kann ich mir auch nicht erklären, würde mich interessieren, was ihr dazu meint.
Was sich für mich auch noch nicht passend zusammenfügt ist der selbstlose, hilflos verliebte Jimmy McGill und seine wahre Seite, das verschlagene, listige Schlitzohr Saul Goodman. Zwei Seiten einer Medaille, wie Walter White und Heisenberg? Wenn es um Kim geht, kommt stets seine beste Seite zum Vorschein und dann möchte ich auch als Zuschauer glauben, dass es einen Weg für die beiden gibt. Aber denke ich an die Pilotfolge zurück, dann weiß ich doch, dass sich Saul im Exil keine Bilder von Kim wehmütig angesehen hat, sondern Aufnahmen seines Alter Egos. In Breaking Bad nahm Walter erst in der finalen Folge endlich an, wer und was er wirklich war. Er akzeptierte sein Schicksal und fand dadurch Frieden im Tod. Alles deutet darauf hin, dass auch Jimmy McGill's wahres Selbst sein eigentliches Pseudonym, Saul Goodman, ist. Denn wieso ist er unglücklich darüber, dass er Kim hilft? Vielleicht, weil er, wie Walter White, versucht jemand zu sein, der er nicht (gänzlich) ist. Der eine ein ehemaliges Chemie-Genie, dass sich mit seiner unbefriedigenden Rolle als Ehemann, Vater und Lehrer abzufinden versucht, der andere ein ehemaliger Kleinganove, der über den harten Weg versucht, den Aufstieg in die Seriösität zu schaffen. Beide werden ihren unterdrückten und unerfüllten Wünschen durch Überkompensation Ausdruck verleihen und Alter Egos kreieren, die es ihnen ermöglichen, das ausleben, was ihnen als reale Personen unmöglich schien. Ich glaube, was Saul, also seinem entfesselten, wahren Selbst im Weg steht, sind tatsächlich Chuck und Kim. Sein Bruder ermahnt ihn an die Ernsthaftigkeit und Mühsal, die mit einem erfolgreichen Leben, eines, wie er es einst führte, verbunden sind und sie ruft in ihm den kindischen, selbstlosen Trottel hervor, der alles tun möchte, um ihr gerecht zu werden. Er selbst bleibt dabei auf der Strecke. Armer Jimmy, er hat noch einen langen Weg vor sich, jetzt, wo es Chuck wieder besser geht und er Kim einen Gefallen getan hat, der ihm mehr als allen anderen schadet.