Ich habe jetzt ein paar Tage Abstand zum Schauen der Serie und die habe ich auch gebraucht. Denn obwohl ich "The honourable woman" als sehenswert bezeichnen würde, habe ich doch gemischte Gefühle bei dieser Serie.
Zum einen speisen sich diese dadurch, dass hier sich - wenn auch fiktiv - zeigt, wie zerrissen der nahe Osten ist und wer außer den dortigen Ländern auch sonst noch Interesse an der Region hat. Mag die Geschichte erfunden sein, so könnte sie sich doch genau so ereignet haben. Das macht sicher teilweise den Reiz der Serie aus. Andererseits macht einen diese Tatsache auch unglaublich betroffen, denn es wird einem wieder einmal bewusst, dass es - wenn überhaupt - keine einfache oder leichte Lösung für das Nahostproblem gibt.
Scholl-Latour sagte einmal während der sog. Befreiung Kuweits von Saddam Hussein und dem Einmarsch der "Alliierten" dort auf die Frage, was man denn alternativ dort hätte machen sollen: Nichts! Auf die Bemerkung hin, dass man sich dort dann wohl gegenseitig massenhaft bekriegt und umgebracht hätte, ergänzte er nur sarkastisch: Ja, und dann ist endlich Ruhe! Und ich erwische mich immer mal wieder bei dem Gedanken, dass er nicht ganz unrecht hat.
Seit Urzeiten hauen sie sich nun dort die Köpfe ein und der gegenseitige Hass hat schon lange jegliche Vernunft verdrängt. Hier in der Serie wird das wunderbar eingefangen gegen Mitte der letzten Folge, als die Palästinenserin feststellen musste, dass ihr Vater nicht nur seinen Sohn dazu gezwungen hatte, abgrundtief schlechte Dinge zu tun, sondern dass es ihm nur noch um Rache ging. "What you're doing is not for the cause, you're doing this for revenge" sagt die Tochter zum Vater. Und der antwortet nur "I have been willing to sacrifice my children for this..." , um dann den Versuch zu machen, sie zu erstechen, um seine Rache zu bekommen. Der Hass in ihm ist so gross, dass er gewillt ist, für seinen Rachedurst seine Kinder umzubringen.
Solche Menschen gibt es reichlich auf allen Seiten und wie soll dort irgendein Friedensgedanke gedeihen, wenn Leute aus niederträchtigen persönlichen Motiven alle und jeden missbrauchen und opfern.
Die andere Seite, die mir an dieser Serie nicht so wirklich gefallen will ist, dass sie unnötig kompliziert erzählt wird. Die ersten zwei Folgen kapiert man viele Dinge nur teilweise oder garnicht. Die Lücken sind dabei so groß, dass ich teilweise mit dem Gedanken gespielt habe, abzubrechen. Hinterher wird es dann besser, weil man sich dann doch entschließt, letztendlich den Zuschauer dann doch in der Geschichte mitzunehmen. Natürlich kann man so die Dinge erzählen und manche werden das als künstlerisch wertvoll oder als innovativ oder als besonders intelligent bezeichnen. Ich fand es unnötig und abstoßend.
Und trotzdem reißt einen die Geschichte irgendwann mit und man versinkt zusammen mit den Darstellern in diesem Sumpf der sich stark unterscheidenden Interessen. Und als wenn der nahe Osten nicht genug Schwächen zeigen würde, sind auch die dargestellten Menschen ins sich so kaputt, abstoßend und teils korrupt. Dazu diese beängstigende Naivität der Nessa Stein, die immer wieder den Ruf der Firma aufrecht erhalten will und garnicht sieht, dass diese schon längst wie vieles andere verseucht ist. Der Bruder von Nessa, menschlich so unglaublich schwach und doch krank vor Liebe zu seiner Schwester. Andererseits zeigt er gegenüber seiner Frau aber auch eine starke Kälte und Härte. So könnte man weiter und weiter machen. Privatpersonen, Staatsleute, Regierungen, Geheimdienste, Geschäftsleute, egal wer, alle sind verdorben und skrupellos. Menschenleben werden manipuliert und geopfert, als wenn es sich um Puppen und nicht um Menschen handeln würde.
Man leidet am Ende alle 8 Folgen mit, man wechselt die Gefühlszustände sehr häufig, und am zum Schluss begreift man, dass es keine Hoffnung gibt. Ganz egal, was man tut.
Die Macher dieser Mini-Serie haben bereits gesagt, dass es keine weiteren Folgen geben wird. Die Geschichte ist auserzählt und wenn man ehrlich ist, dann bleibt dieser Geschichte auch nichts hinzuzufügen.
Als Fazit kann ich nur sagen, dass es sich trotz allem, was ich hier schreibe, lohnt, diese Serie zu sehen. Sie ist definitiv ein Highlight.