also frechheit ist das sicher keine, schon allein weil kurt sutter an beiden serie maßgeblich beteilig war/ist. beide wurden grundsätzlich relativ professionell produziert, haben genug budget und einige recht gute schauspieler, "schwächeln" aber im absolut selben bereich:
- beides serien leben von der gewalt und spielen unter andrem ewig lange damit, dass man als zuschauer zu viel weiß z.b. wer der verräter ist und was er macht. man beobachtet hauptsächlich die schwerwiegenden fehler den die charaktere begehen, weil sie falsch informiert sind bzw. irgendwer meint es wäre besser die wahrheit vorerst zu verschweigen (soap-element) - in beiden serie weiß der zuschauer immer, dass die handlungen der hauptfiguren irgendwann furchbare folgen haben werden, was ja dann auch jedesmal passiert (karma).
gerade dieses element ist sehr nervtötend für jene zuseher, die auf ein grundgerüst des handlungsaufbaus wertlegen, welches einen mitnimmt, überrascht und unterhält, und nicht die halbe zeit hauptsächlich mitleiden lässt. genau dieser absichtlich eingesetzte effekt des MITLEIDENS macht beide serien aus.
es mag bzw es scheint offensichtlich durchaus genug leute geben, denen das trotzdem richtig gut gefällt, sei es weil diese nicht die "überraschenden" wendungen vorhersehen können, auf die action/ das milieu stehen oder aus anderen gründen, welche ich nicht wirklich nachvollziehen kann... dabei beurteile ich beide serien als ganzes, denn über z.b. die ersten drei staffeln SoA hätte ich mich gewiss noch anders geäußert. stahls tod war meiner meinung das letzte echte highlight, dannach ging es stetig bergab... the shield war in den ersten jahren sogar richtig gut und wirklich sehr fesselnd, aber auch hier: die letzten staffeln zerstören diesen eindruck dann gründlich.
- beide serien hatten also einen guten anfang und nehmen einen schnell mit, die ersten staffeln heben sich wirklich von der serien-standartkost ab und man wird in diese fernsehwelt entführt, sodass man den fehler begeht, die serie weiterzuschauen bis zum ende. denn am ende wird alles zerstört: das leben der moralisch fragwürdigen hauptfiguren, sowie zwischendurch jenes zahlreicher unschuldiger - woran oft direkt die selben charaktere verantwortlich sind, sodass sie ihr schicksal quasi verdient haben. jegliche identifikationsmöglichkeit mit diesen hauptfiguren geht dabei nach und nach verloren. gleichzeitig wird man als fan oft für dumm verkauft - hat z.b. ein person, welche am anfang noch zu den "guten" gehört den übergang zum bösewicht endgültig geschafft, werden zwar dessen pläne irgdenwann vereitelt/aufgedeckt, aber der charakter überlebt noch für eine weitere staffel. als zuseher will man diese person eigentlich nur noch tot sehen - eine emotionale vorgabe der serie, die meist mit unverzeihlichen handlungen einhergehen. anschließend wird dies wieder umgedreht, die figur wird noch einmal von seiner "guten" bzw besten seite gezeigt und natürlich voller reue - erst dann darf sie abtreten. dadurch hat man z.b. plötzlich mitleid mit so jemanden wie clay (bzw shane in the shield), und nimmt gleichzeitig dem zuseher jegliche "befriedigung" durch ein "gerechtfertigtes" abtreten. eine gute rachegeschichte funktioniert so nicht.
der ganze kult um den "club", dem sich die SoA bis auf äußerste verschrieben haben, wird immer mehr als chaotischer haufen von mördern und gewalttätern entlarvt, welche am anfang seine sympatischen seiten zeigt nur um sich am ende von innen heraus zu zerfleischen. und zwar langsam und qualvoll. und irgendwie natürlich immer selbstverschuldet, aber volle missverständnise und oft unnötigen informationsvorenthaltungen unter den tragenden figuren. nur als zuschauer weiß man immer viel zu viel und es quält einem diesen dummen charakteren dabei zuzusehen wie sie sich selbst vernichten. man fragt sich doch: wozu überhaupt den club noch erhalten? damit noch mehr schlechtes passiert? wo finden die figuren noch die motivation dafür? ahja, ich hab wohl vergessen, in solchen momenten werden dann halt schnell babys, frauen oder sonst wer entführt, damit die spannung und motivation doch noch (künstlich) erhalten bleibt...
the shield ist vielleicht ein wenig besser als SoA, deutlich weniger künstlich und das gesamtkonzept war damals wohl auch irgendwie noch neuer. wenn mich meine erinnerung nicht täuscht war es auch lange nicht so "soapig", unter andrem da weniger beziehungsprobleme handlungstragend eingesetzt wurden. aber gut: sogar in sopranos ist die ehefrau - wenn auch aus anderen gründen - eine zumeist nervige figur, das gehört wohl scheinbar zum format.
- der eigentlich feind kommt vom inneren zirkel und ist daher irgendwie auch eine tragische figur. leider wird zudem die spannung immer darauf aufgebaut, dass man über sehr lange zeit genau weiß wer was macht und quasi darunter leidet, dass niemand in der serie dieses wissen besitzt um schlimmeres zu verhindern. diese konzept der absichtlich erzeugten "ohnmacht" ist für den zuseher früher oder später vor allem frustrierend und nur bedingt spannend.
- beide serien hinterlassen ein schlechtes gefühl, ganz einfach, weil am schluss so gut wie kein charakter übrigbleibt, mit dem man sich auch nur irgendwie identifizieren kann. alles geht den bach hinunter und am ende kann man selbst den hauptcharkteren nur mehr das schlechteste gönnen, weil sie es ja leider doch verdient haben.
dem zuseher ergeht es (gefühlsmäßig) irgendwann genauso wie otto in SoA. sutter spielte nicht umsonst die tragischste aller figuren selbst. genau das ist das konzept seiner serien: zerstören, langsam und qualvoll, bis nur noch ein haufen scherben übrigbleiben.
ich hatte leider zuviel freizeit, sonst hätte ich zumindest SoA nicht bis zum ende der 6. staffel ansehen können... und das trotz bringe-watching! auch reichlich weiterzappen bei lästigen handlungsteilen hat nicht wirklich geholfen. und sorry, wenn ich mich in diesem langen beitrag teilweise wiederhole.
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bin jedenfalls froh, dass tara endlich weg vom fenster ist, die rolle war nur noch anstrengend, die letzen paar staffeln. aber dass das abtreten einer nervenden hauptfigur das highlight der staffel ist kanns wohl nicht sein, das hat walking dead schon reichlich bewiesen. kann ich absolut nicht weiterempfehlen dieses konzept des mitleidens. auch nervig: die ständigen entführungen und die extrem häufigen und dadurch unrealitischen schießerein/vergeltungsschlägen denen natürlich immer nur nebencharktere zum opfer fallen. die fünf typen, welche im grunde die SoA bilden mal eben vom motorad zu schiessen kann nun auch nicht sooo schwer sein... aber gut, das selbe problem haben fast alle action-serien, die nur von wenigen zentralen figuren leben.
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und bezüglich: "eine der absolut herausragendsten Serien der TV-Geschichte": schau dir mal THE WIRE an! das ist zumindest mein maßstab, was echte qualität betrifft.
Dieser Beitrag wurde bereits 21 mal editiert, zuletzt von »bellerophon« (15. Mai 2014, 08:01)