@MahindraX und Jazzhead
Danke
Vor einigen Wochen hieß es doch noch es geht im Winter weiter oder war das ne Ente?
Davon war nie die Rede.
Und zu Aaron Paul: Da er z. Zt. (und wohl auch in Zukunft?) ja nicht mit Walt unterwegs ist bzw zu dessen engeren Dunstkreis gehört, hat er auch nicht viel Screentime. Wird aber für die letzten 8 Folgen als Darsteller geführt. Von daher... und das Töten von Jesse würde ich nicht als "unverzeihliche Tat" bezeichnen (davon abgesehen ist jede Tötung unverzeihlich), nicht in dieser Serie.
Nächsten Montag werden wir mehr wissen.
OK.. Wenig Screentime ist ja wieder etwas anderes als gar keine, insofern freu ich mich.
Doch davon war definitiv mal die Rede (vielleicht auch nicht hier im Forum, das weiß ich nicht mehr) bevor die 5. Staffel begann, aber war dann wohl wie gesagt ne Ente.
Mir ist klar, dass jede Tötung im normalen Leben unverzeihlich ist, das brauchste mir nicht zu sagen
, in der Serie jedoch lässt man den Protagonisten ja einiges mehr durchgehen. Walter ist natürlich eh nicht mehr zu retten und doch würde die Tötung Jesses in meinen (!1) Augen das Übertreten einer weiteren Grenze darstellen, da Jesse eine Ewigkeit lang die loyalste Person gegenüber Walter war und ihm (vor allem in den späteren Folgen, vorher wars ja immer umgekehrt) immer und immer wieder den Arsch gerettet hat. Dazu kommt, wie gesagt Jesses positive Charakterentwicklung, vor allem in dieser und der letzten Staffel. Für mich, einen großen Breaking Bad Fan, der von Anfang an mit dabei war, wäre es absolut unverzeihlich wenn Walter Jesse tatsächlich umbringt. Aber wie gesagt, bei so einer komplexen genialen Serie, gibt es natürlich sehr viele verschiedene, subjektive Meinungen. Letzendlich denke ich dann doch, dass es wohl wieder ganz anders kommt als wir alle uns das vorstellen, aber das ist ja das Schöne daran.
Zu der Frage ob Walter nachdem er Mike erschossen hat wirklich Reue zeigt, nicht einfach das gut begründet zu beurteilen, aber ich versuchs Mal:
Vorweg: Ich denke jedesmal, wenn Walter bisher tötete, hat er das entweder von vorneherein genauestens durchdacht, es ging um sein eigenes Leben bzw. das seiner Familie, oder er konnte es sich nachher sozusagen irgendwie schönreden, vor allem: So halbwegs konnten es sich auch die Zuschauer, vor allem die die es wollten schönreden. Das hat dafür gesorgt, dass das Bild von sich selbst und seinen Taten für Walter keine allzu großen Risse bekam. Natürlich abgesehen von einigen Ausnahmen bis in die 4. Staffel hinein (ich erinnere nur an die Folge in der sein Sohn Geburtstag hatte).
Legt man diese zwischenzeitlichen Knackser in seinem Panzer mal beiseite konnte er sich immer erfolgreich selbst belügen, was seinen Höhepunkt im Ende der vierten Staffel (Vergiftung von Brock) und in der gesamten bisherigen fünften Staffel fand, wo er sogar den Tod des Jungen mit der Spinne erfolgreich beiseite schiebt und schönredet. Denn erstens, so denkt Walter, hat er ihn nicht persönlich umgebracht, zweitens hätte der Junge ja theoretisch etwas ausplaudern können. Es gibt keinen Moment in dem Walter an diesem Konstrukt, so nenne ich es mal, zweifelt.
Nun zur Geschichte mit Mike. Erstmal vorweg: Auch wenn die Szene etwas verwirrend gedreht bzw. konstruiert war, denke ich nicht, dass dieser Mord wirklich geplant war. Der Gedanke schwebte sicherlich bereits länger in den dunklen Ecken seines Verstandes, aufgrund von gekränktem Ego und der Tatsache, dass er Mike schon immer nicht leiden konnte, da dieser ihn mit seiner Menschenkenntnis von Anfang an durchschaut und nie respektiert hat. Dennoch hat er die Waffe wohl vorher aus der Tasche genommen um zu verhindern, dass die Sache mit Mike und den neun Namen eskaliert. Er hatte sie ja auch im Auto liegen, nicht in der Hose, als Sicherheit, nicht um einen geplanten Mord zu begehen.
Als Mike Walter dann erst die Herausgabe der Namen verweigert und damit erneut über diesen triumphiert und um dem ganzen dann noch die Krone aufzusetzen ihm noch einmal die ganze Wahrheit über dessen Ego an den Kopf wirft, sieht Walter rot, handelt erneut völlig egoistisch und unverständlich und tötet Mike. Das ist übrigens teilweise vergleichbar mit dem Verhalten eines stark Drogensüchtigen: Er kann und will die Wahrheit über sich selbst nicht hören und wenn er damit konfrontiert wird, gesteht er sich nicht etwa selbst ein was für ein Problem er hat, er hält noch stärker an seinen falschen Verhaltensweisen fest und greift aus Frust erst Recht wieder zur Droge. Auch Walter wird in diesem Moment mit der Wahrheit konfrontiert, doch anstatt dass er Mike diese letzten Worte, diesen letzten Sieg zugesteht und sich in Ruhe etwas anderes überlegt um an die neun Namen zu kommen, lässt er sich von seinem aufgeblasenen, gerade zuvor von Mike kritisierten, Ego lenken, rennt zum Auto um die Waffe zu holen und erschießt Mike. Auch wenn Walters Ego, vor allem in dieser Staffel, schon lange die Oberhand hatte, war es doch das erste Mal, dass er, persönlich, rein aus gekränktem Ego, sozusagen aus dem Bauch heraus, jemanden tötete.
Dieser eine Moment in dem er realisiert, dass er die Namen auch von Lydia hätte bekommen können, ist das nun Reue? Ich denke eher es ist die Erkenntnis, dass er etwas nicht bedacht hat, er, der in seinen eigenen Augen unfehlbare Walter White hat vergessen die Möglichkeit mit Lydia einzuplanen. Er realisiert nicht, dass er Mike nur wegen seines Egos getötet hat, nur weil dieser ihn mit der Wahrheit konfrontiert hat. Denn EIGENTLICH haben die neun Namen nichts, absolut gar nichts mit Mikes Tod zu tun. Ja, die Diskussion mit Mike wäre möglicherweise anders verlaufen, dessen Konfrontieren Walters mit der Wahrheit wahrscheinlich nicht zu stande gekommen, hätte er das mit Lydia bedacht. In seiner Logik liegt da der Hund begraben: Er der geniale Stratege hat einen Fehler gemacht, etwas nicht bedacht und in der Konsequenz dessen ist Mike gestorben. Nun frage ich jene die von Reue sprechen: Ist dieser Logik etwa zu folgen? Ist das eine realitätsnahe Betrachtung der Geschehnisse? Ist das Reue?
Nein, in meinen Augen auf gar keinen Fall. Denn wie schon gesagt: EIGENTLICH haben die neun Namen nichts, absolut gar nichts mit Mikes Tod zu tun. Es gäbe überhaupt keinen Grund auf Mike zu schießen, den Namen bringt ihm das keinen Schritt näher. Doch das erkennt er nicht. Vielmehr scheint es in Walters kranker, egoistischer Logik nun ganz normal zu sein, jemanden zu Töten, nur weil dieser sein Ego beleidigt. Er bereut nicht seinen Ausraster, seine Kurzschlussreaktion, er bereut nur die Sache mit Lydia nicht bedacht zu haben. Damit gibt er, zwar sehr indirekt und ohne es sich selbst einzugestehen aber dennoch, nicht sich selbst sondern Mike die Hauptschuld an dessen eigenem Tod, denn hätte Mike ihn nicht beleidigt, wäre dieser auch nicht gestorben. Hier zeigt sich der fatale Fehler in Walters wahnhafter Logik ganz deutlich.
Er denkt vielleicht selber es wäre Reue was er empfindet, da er sich selbst einen Fehler eingesteht. Doch er gesteht sich den falschen Fehler ein. Zugegeben, beim Schauen der Folge dachte ich kurz selber es wäre wahrhaftig Reue, wahrscheinlich weil ich es mir irgendwie gewünscht habe. Doch wenn man genauer darüber nachdenkt wird einem klar, dem ist keineswegs so. Es ist eher eine weitere Schwelle die Walter übertritt: Er gibt, selbst in einer Situation in der er sein eigenes Spiegelbild nicht klarer in sein Gesicht gehalten bekommen könnte, nicht seinem gekränkten Ego die Schuld, er gesteht sich nur ein eine Kleinigkeit vergessen zu haben, nicht mehr und nicht weniger. Zugegeben auch dieser "kleine Fehler" kratzt an seinem Panzer der Unfehlbarkeit, bringt ihm jedoch keineswegs die eigentlich so notwendige Erkenntnis, die sein Konstrukt Heisenberg und sein inzwischen unfassbares Ego (denkt nur mal an Staffel 1 zurück) zum Einsturz bringen würde. Das ist keine Reue es ist nur eine weitere Lüge ihm selbst gegenüber.
Ich denke dies war ein weiterer Versuch von Gilligan auch die aufmerksam mitdenkenden Zuschauer, die bisher immer noch irgendwie an das Gute in Walter glaubten oder zumindest noch darauf hofften, die die noch an seiner unbestechlichen Logik festhielten, eines besseren zu belehren. Auf den ersten Blick scheint es, wie so häufig in Breaking Bad, anders als auf den zweiten Blick. Er gaukelt eine Art Reue vor um sie dem Zuschauer beim Überdenken dann mit aller Macht wieder zu entreißen. Das verstärkt die Erkenntnis ungemein, die natürlich eigentlich vorher schon da war, nämlich dass Walter einfach nicht mehr zu retten ist, völlig in seiner eigenen selbst konstruierten, für Außenstehende nicht mehr nachzuvollziehenden Logik lebt und da wohl auch NIE wieder raus kommt. Hinter allem steckt eine Absicht, vor allem der "Otto-Normal-Seriengucker" wird immer wieder hinters Licht geführt um ihm dann mit voller Kraft den Spiegel vorzuhalten. Schade, dass wohl mindestens die Hälfte der Leute, die dieses Drama schauen es für eine normale Drogenserie halten. Ein Kumpel meinte neulich sogar zu mir, dass "die Szenen in denen nix passiert nur nerven" und dass er die immer überspringt. Unfassbar, gerade das macht Breaking Bad doch so genial.