Vor allem aber - nennt mich zynisch - wer will denn solche Charaktere sehen? Die sind alle so ekelhaft gut und gerecht, dass es kaum auszuhalten ist. Weiße, hart arbeitende im unteren Mittelteil der Oberschicht lebende Gutmenschen, die zur Kirche gehen, jeden Sonntag ein Familienessen mit Braten veranstalten, wie irgendsoein Inzesthaufen alle denselben Beruf ausüben und furchtbar peinliche Alibi-Diskussionen führen, in denen sie sich gegenseitig ihre oberflächlichen und nichtssagenden Gutmenschen-Plattitüten um die Ohren klatschen, dass es Oma nur so zwischen den Hörgeräten pfeift.
Als Blue Blood startete und ich das Artwork sah, ja, auch noch als das Intro anlief, erwartete ich ein Cop-Drama, dass in bester Sidney Lumet-Manier die Hüter des Gesetzes an ihre psychischen Grenzen bringt, sie durchdrehen lässt, schreien, toben, fluchen, kotzen, morden und alles auf den Kopf stellen lässt, mit dem man "anständige" Polizeiarbeit so verbindet. Ich meine, Donnie Wahlberg, diese kleine, fiese Ratte und der talentiertere Bruder der Wahlbergs hat schon in The Sixth Sense und SAW bewiesen, wie ekelhaft er sein kann, das Image des abgewrackten, depressiven, zynischen und dreckigen Cops ist ihm geradezu auf den Leib geschrieben. Und Tom "Mr. Mustache" Selleck höchstpersönlich, der in seinem steifen Hemdkragen, dem stoischen Blick und militanten Schnauzer so etwas von repressivem Familienpatriarch und Militärjunta ausstrahlt, hätte so einen grandiosen Antihelden abgegeben. "Blue Bloods" mit all seinem unterschwellig triefenden Elitarismus und seiner riefenstahlschen (wie Rajko Burchhardt sagen würde), technokratischen Hochglanzoptik bot sich als Vorlage für ein richtiges buttkick-Storyarc an und die "Blue Templar", diese edle Bruderschaft der Blaublüter, die irgendwo zwischen Ku-Klux-Klan und Illuminaten verordnet ist, gibt doch genau das richtige Salz in die Suppe, um jeden an den Eiern zu packen.
Vielleicht stimmt ja etwas nicht mit mir, dass ich den Bruch mit den Erwartungen so sehr liebe, es geht mir gar nicht nihilistisch genug - zumindest nicht in einer Krimiserie, aber "Blue Bloods" hätte in genau die entgegengesetzte Richtung marschieren müssen. Nämlich von einer stabilen, oberflächlich heilen Welt ins Chaos.
Aber CBS (was soll man schon von denen erwarten... Fuck CBS!) hat sich dafür entschieden, ein erzkonservatives, dummes Procedural mit Soapelementen zu senden, in dem die maßlose Glorifizierung des Polizeiapparats und den Halbgöttern in Uniform nur noch von der ewig gleichen Ermittlungs-Monotonie übertrumpft wird. Halt doch eine Sonntag-Vormittags-Serie ohne Biss und Ambitionen. Wat'n Shit.